Alois Karl Bundestagsabgeordneter a.D für Amberg-Sulzbach-Neumarkt


Plenarrede am 25.11.2015

Bundestagsabgeordneter Alois Karl hielt am 25. November 2015 im Rahmen der Haushaltswoche im Plenum des Deutschen Bundestages eine Rede zum Einzelplan 05, dem Etat des Auswärtigen Amtes. Alois Karl ist als Mitglied des Haushaltsausschusses zuständiger Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für diesen Einzelplan 05. Das gesamte Plenarprotokoll des Tages aus dem der nachfolgende Auszug stammt, finden Sie hier.

 

Alois Karl (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestages! Ich bin der Kollegin von der Linken dankbar, dass sie nicht noch eine Nachfrage gestellt hat, Herr Nouripour. Wir hätten wahrscheinlich heute Abend die Tagesthemen versäumt, so lange wie Sie durchaus noch hätten antworten können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten etwas Besseres geboten bekommen!)

Ich möchte einen herzlichen Dank an den Anfang meiner Rede stellen, und zwar an Sie, Herr Außenminister Steinmeier, an Frau Professorin Böhmer, Herrn Staatsminister Roth, Herrn Staatssekretär Steinlein, Herrn Kindsgrab und all die guten Leute, mit denen wir in den letzten Monaten so tüchtig zusammengearbeitet haben, um an diesem Schnittpunkt der deutschen Haushaltspolitik und Außenpolitik gute Ergebnisse zu erzielen. Die Kollegen sind schon aufgezählt worden: Frau Barnett, Herr Leutert und Herr Dr. Lindner. Wir haben, glaube ich, wie die Bürstenbinder gefeilscht und sind nach drei Monaten zu guten Ergebnissen gekommen. Man könnte das unter der Überschrift „Ende gut, alles gut“ zusammenfassen. In der Tat: Die Haushaltszahlen sind gut.

Während der Bundeshaushalt insgesamt um 10 Milliarden Euro erhöht worden ist, und zwar von 306,9 Milliarden auf 316,9 Milliarden Euro und damit um 3,2 Prozent, erfährt der Haushalt des Bundesaußenministers eine ganz andere Steigung, nämlich um 26,5 Prozent. Lieber Herr Steinmeier, das ist die höchste Steigerung aller Einzeletats im Bundeshaushalt und auch die höchste Summe, die der Außenminister jemals zur Verfügung hatte. Mit diesem Pfunde werden wir wuchern müssen, wie es in der Bibel heißt. Gegenüber dem ersten Entwurf der Regierung sind das 410 Millionen Euro zusätzlich.

In der letzten Nachtsitzung, nach der 15. Verhandlungsstunde – Sie erinnern sich sicher, liebe Doris Barnett –, haben die anderen offensichtlich schon Konditionsschwierigkeiten bekommen. Wir waren noch hellwach und haben noch 46 Millionen Euro zusätzlich für den Bundesaußenminister herausgehandelt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich danke all denen, die mitgewirkt haben. Der Bundesaußenminister hat zwar nicht das Lied von Dietrich Bonhoeffer angestimmt und „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ gesungen

(Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister: Aber du!)

– ich habe versucht, es anzustimmen –, trotzdem sind manche seiner Wünsche erfüllt worden.

Insbesondere für die Auswärtige Kultur- und Bildungsarbeit und für unsere deutschen Schulen im Ausland konnten wir viel erreichen. Herzlichen Dank in diesem Zusammenhang auch den jeweiligen Vorsitzenden unseres Unterausschusses für Auswärtige Kultur- und Bildungsarbeit, lieber Bernd Fabritius und deinem Vorgänger Peter Gauweiler – beide von der CSU; wie sollte es anders sein –, dass ihr euch in ganz besonderer Weise weltweit für die Kultur einsetzt.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir am Samstag in München gesehen!)

– Sie sind auch Bayerin, also eigentlich Schwäbin, aber das gilt gerade noch; eine rote Grüne. – Wir setzen uns in der Tat für die deutschen Schulen in besonderer Weise ein, weil wir wissen, dass dies hohe Renditen erbringt. Wenn wir uns im kulturellen Bereich auf diese Art und Weise nobel darstellen können, dann ernten wir viel Renommee, das sich sicherlich nicht immer in Soll und Haben ausdrücken lässt.

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Herr Kollege Karl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dehm?

Alois Karl (CDU/CSU):

Dehm? – Ja. Sie habe ich schon vermisst, Herr Dehm. Schön, dass Sie da sind.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Bitte schön, Herr Dehm.

Dr. Diether Dehm (DIE LINKE):

Es wird Sie sicherlich verwundern, aber Herbert Wehner hat einst gesagt: „Ihr Lob trifft mich in keiner Weise.“ Dem Dank an Herrn Fabritius und Herrn Dr. Gauweiler schließe ich mich in dem von Ihnen genannten Zusammenhang ausdrücklich an.

Ich möchte Ihnen eine Frage zu den Gepflogenheiten Ihrer Fraktion im Auswärtigen Ausschuss stellen. Ich bin stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“, den Sie gerade angesprochen haben. Wir haben dort – das ist nicht üblich – zu allen Anträgen von der Koalition aus CDU/CSU und SPD – teilweise sind die Grünen beigetreten – einstimmige Beschlüsse. Dann haben wir im Unterausschuss erwogen, dass diese einstimmig beschlossenen Anträge auch von der Linken mitgetragen werden sollen, weil es um mehr Kultur in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik geht. Dann kommt par ordre du mufti aus Ihrer Fraktionsspitze der Hinweis: Mit den Linken macht man keine gemeinsamen Anträge!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat Gauweiler nie unterstützt, er war immer dagegen!)

– Ich würde gern sehen, wer gerade Beifall geklatscht hat. Das war aber nur vereinzelt.

Das führte zu der grotesken Situation, dass wir im Unterausschuss über sämtliche wortgetreuen und inhaltsgleichen Anträge aller Fraktionen – in diesem Fall auch der Linken – einstimmig beschlossen haben. Das hat Sie wiederum dazu bewogen, alle Anträge, die die Linke eingebracht hat, im Auswärtigen Ausschuss auszusondern und abzulehnen.

Nun lautet meine Frage an Sie: Wann hat diese Groteske, sich gemeinsam in diesem Haus für Kultur einzusetzen – das haben Sie zu Recht gelobt, und ich habe Ihnen darin beigepflichtet –, ohne die Linke einzubeziehen, ein Ende, und wann versuchen wir endlich, mit gemeinsamen Kräften die Kultur zu stärken und gemeinsame Anträge, selbst diejenigen, die die Linke gestellt hat, hier im Hohen Hause einzubringen?

(Beifall des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE])

Alois Karl (CDU/CSU):

Lieber Herr Dehm, das kann ich Ihnen genau sagen.

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Die Verwirrung in meiner eigenen Fraktion führte nur zu einem einzigen Klatscher!)

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Herr Dehm, Sie sind jetzt nicht mehr dran. Das Wort hat jetzt Herr Karl.

Alois Karl (CDU/CSU):

Jetzt muss er aufpassen. – Herr Dehm, es gibt entsprechende Beschlüsse von der Fraktionsführung vom Anfang der Legislaturperiode. Ich glaube, dass sich die Dinge in der nächsten Legislaturperiode

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Dann gibt es eine andere Spitze!)

– Sie werden das noch erleben, sofern Sie diesem Hohen Hause dann wieder angehören – möglicherweise verändern können. Bis dahin ist für Sie Langmut angesagt. Sie werden hinnehmen müssen, dass die CDU/CSU und die anderen Fraktionen mit der Linken keine gemeinsamen Anträge stellen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Alois, was ist los mit dir? Alois, du bist ein Linkenfreund! – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Denken Sie an die tagesthemen!)

Herr Dehm, darf ich noch eine persönliche Bemerkung machen, da ich Sie gerade sehe und fast vermisst habe?

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Ich habe neulich einen Film im Fernsehen gesehen, in dem ein ausgesprochen unsympathischer Schauspieler vorkam. Er hat Ihnen sehr ähnlich gesehen.

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das war ich nicht! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reicht es aber!)

Aber zu meinem Erschrecken habe ich hinterher feststellen müssen, dass er Karl hieß. Die Physiognomie des Schauspielers entsprach jedenfalls Ihrer. Das hat mich durchaus etwas aus der Bahn geworfen. – Ich glaube, ich habe Ihre Frage hinreichend beantwortet.

Kommen wir zurück auf die deutsche Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Unsere mehr als 1 500 Partnerschaften auf der Welt und unsere 140 Auslandsschulen sind außerordentlich gute Botschafter. Diese sind im Rahmen des erwähnten Nachschlags mit mehr als 20 Millionen Euro zusätzlich gut weggekommen, sodass sie in der Lage sind, die deutschen Interessen so gut wie früher wahrzunehmen.

Wir freuen uns, dass wir die deutsche Sprache in Rumänien zusätzlich fördern und in Amerika den German Marshall Fund mit 2 Millionen Euro unterstützen können. Das ist ein Fonds, der auf Initiative von Willy Brandt in Erinnerung an den Marshallplan, der Ende der 40er-Jahre Deutschland unendlich viel geholfen hat, eingerichtet worden ist.

Wir danken herzlich, dass wir den Vorschlag – ich glaube, er kam von Ihnen, Herr Steinmeier – aufgreifen konnten, das Institut für Osteuropaforschung einzurichten. Fast über Jahrzehnte hinweg haben wir uns keine eigene Osteuropaexpertise leisten können, weil uns die Fachleute nicht unterstützungswürdig erschienen. Jetzt werden wir ein eigenes Institut aufbauen und es mit 2,5 Millionen Euro im Jahr ausstatten.

Wir danken gemeinsam auch ganz herzlich den Mittlern unseres Kulturguts im Ausland, dem Goethe-Institut mit Herrn Professor Lehmann, der vorgestern als Präsident wiedergewählt worden ist, dem DAAD und der Humboldt-Stiftung für die segensreiche Arbeit, die wir mit etwa 440 Millionen Euro unterstützen.

Erst gestern gab es im Auswärtigen Amt eine Veranstaltung mit dem DAAD. Es waren 271 Stipendiaten aus Syrien zu dem Thema „Keine verlorene Generation in Syrien“ eingeladen. Herr Steinmeier und ich waren die einzigen anwesenden Abgeordneten, aber damit waren die wichtigsten da, möchte ich fast sagen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Die Veranstaltung hätte es verdient gehabt, dass viele von unseren Kollegen dabei gewesen wären. Dann hätten sie gesehen, mit welchem Eifer und mit welchem Einsatz junge Syrer die Chance in Deutschland wahrnehmen, Stipendien zu bekommen, sich zu bilden und hoffentlich später in ihren Heimatländern ihre Kenntnisse anzuwenden.

Der Wert der deutschen Außenpolitik ist gestiegen. Wir haben eine größere Verantwortung in der Welt. Das ist gar keine Frage. Wenn die Außenpolitik Hochkonjunktur hat, dann bedeutet das zunächst einmal nichts Gutes. Das ist ein Ausspruch von Ihnen, Herr Steinmeier. Warum bedeutet das nichts Gutes? Weil es viele Konflikte in der Welt gibt, mit denen wir uns befassen müssen.

Tatsächlich hat die Außenpolitik in Deutschland über Jahre hinweg ein Nischendasein gefristet, aber das hat sich jetzt doch geändert. Wir sehen, dass der Russland-Ukraine-Konflikt durch das auch vom deutschen Außenminister vermittelte Minsker Abkommen entschärft worden ist. Wir sehen, dass die deutsche Außenpolitik in den Verhandlungen zwischen den Westmächten, Russland und dem Iran beteiligt war. Und wir sehen, dass die deutsche Außenpolitik an dem Prozess in Wien beteiligt ist, an dem alle maßgeblichen Player mitwirken, um den Konflikt in Syrien zu befrieden. All das ist eine Auszeichnung für die deutsche Außenpolitik. Ich glaube, dass es uns wert ist, diese Außenpolitik mit den hohen Summen auszustatten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Über die Flüchtlingspolitik ist heute schon sehr viel gesprochen worden. Ich möchte es deshalb sehr kurz machen. Mir scheint es allerdings schon so zu sein, dass die Solidarität in Europa, die auch die Frau Bundeskanzlerin heute angesprochen hat, nicht ausreicht, um die Flüchtlingsfrage zu lösen. Sie ist für die Verteilung der Flüchtlinge wichtig, aber zuerst kommen für uns die Bemühungen, die Konflikte vor Ort zu lösen, damit sich nicht so viele auf die Flucht machen müssen.

Viele europäische Länder und Völker scheinen über den Schritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nicht hinausgekommen zu sein. Wir haben die Europäische Gemeinschaft vor fast 60 Jahren als Wirtschaftsgemeinschaft gegründet. Heute sind wir eine Wertegemeinschaft. Diesen Schritt hin zu einer Wertegemeinschaft, der auch beinhaltet, dass man in schwierigen Zeiten Lasten zu tragen hat, haben viele Länder noch nicht getan. Großbritannien, Polen, Ungarn oder auch die Tschechische Republik seien nur wenige Beispiele dafür.

Die kurzfristigen Lösungen, die wir jetzt anbieten, müssen um langfristige Lösungen ergänzt werden. Ich bin vor wenigen Wochen mit Frau Barnett zusammen in der Bekaa-Ebene im Libanon gewesen. Dort findet man eine unübersehbare Anzahl von Flüchtlingslagern. Wir waren in Jordanien im Lager Saatari, das mit 80 000 Flüchtlingen das zweitgrößte Lager der Welt ist. Es ist unendlich bedrückend, das Elend dort zu sehen, welches eine sofortige Hilfe notwendig macht.

Sie wissen, dass aus Syrien 6 Millionen Menschen ins Ausland geflohen sind. 6 Millionen Syrer sind Binnenflüchtlinge. Die größte Last an syrischen Auslandsflüchtlingen tragen augenblicklich die Türkei mit mehr als 2 Millionen Flüchtlingen und der Libanon, der 4 Millionen Einwohner hat, mit augenblicklich 1 Million Flüchtlingen.

Wir haben bemerkt, dass die Flüchtlingslager eigentlich gut organisiert sind. Eine sechsköpfige Familie bekommt pro Monat einen Wertgutschein von 180 Dollar. Das entspricht pro Kopf am Tag 1 Dollar. Davon kann man gerade so überleben. Die Gemeinschaft der Geber hat ihre Beiträge in den Sommermonaten dramatisch reduziert. Viele mussten von nur noch 50 Cent am Tag leben. Gnade uns Gott, wenn sich auch all die noch auf den Weg machen, um nach Deutschland zu kommen.

Man wird 75 Millionen Euro brauchen, bloß um über den Winter zu kommen. Die humanitäre Hilfe ist für uns in der Tat – man kann es nicht anders sagen – eine Hilfe, die man einfach gewähren muss. Wir werden für die humanitäre Hilfe in Syrien, im Libanon, in Jordanien viel Geld ausgeben müssen. Wenn wir dieses viele Geld nicht ausgeben, dann werden wir in Deutschland für dieselben Menschen viel mehr Geld ausgeben müssen. Man spricht von einem Verhältnis von 1 : 27. 1 Dollar, den wir für humanitäre Hilfe dort ausgeben, müssten wir mit 27 multiplizieren, um die Höhe der Mittel für die humanitäre Hilfe bei uns in Deutschland zu ermitteln.

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Denken Sie bitte an die Zeit, Herr Kollege Karl.

Alois Karl (CDU/CSU):

Ich habe Ihr Signal gesehen, aber Herr Dehm hat mich aus der Fassung gebracht.

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Die Beantwortung seiner Zwischenfrage wurde auf Ihre Redezeit nicht angerechnet. Sie hatten genügend Redezeit.

Alois Karl (CDU/CSU):

Wir geben unendlich viel Geld für die humanitäre Hilfe aus. Zusammen mit den Mitteln für die Krisenprävention ist dies etwa 1 Milliarde Euro. Das ist das Fünffache von dem, was im Haushalt 2012 veranschlagt war. Wir machen viel. Wir hoffen, unsere Arbeit zu leisten. Wir bieten weiterhin gute Zusammenarbeit an. Lieber Herr Bundesaußenminister, wir sind sicher, dass wir auch in den nächsten zwölf Monaten eine gute deutsche Außenpolitik machen, die auch gut finanziert ist.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Rede am 25.11.2015 als Video

Die Rede von MdB Alois Karl ist als Video zu sehen unter:

https://dbtg.tv/fvid/6211303