Alois Karl Bundestagsabgeordneter a.D für Amberg-Sulzbach-Neumarkt


Plenarrede am 07.09.2016

Bundestagsabgeordneter Alois Karl hielt am 07. September 2016 im Rahmen der Haushaltswoche im Plenum des Deutschen Bundestages eine Rede zum Einzelplan 05, dem Etat des Auswärtigen Amtes. Alois Karl ist als Mitglied des Haushaltsausschusses zuständiger Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für diesen Einzelplan 05. Das gesamte Plenarprotokoll des Tages aus dem der nachfolgende Auszug stammt, finden Sie hier.

Vizepräsident Johannes Singhammer:

Zum Abschluss der Aussprache über diesen Geschäftsbereich gebe ich dem schon angekündigten Kollegen Alois Karl für die CDU/CSU das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alois Karl (CDU/CSU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich hatte bisher gedacht, Sie erteilen das Wort, aber Sie haben offensichtlich schon ganz gute Adjutanten, die mithelfen – obwohl das nicht notwendig ist.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Außenminister Steinmeier! Liebe Frau Böhmer! Lieber Herr Staatsminister Roth! – Um die ganzen Durchlauchten des Auswärtigen Amtes zu nennen, die heute freundlicherweise der Debatte beiwohnen.

(Heiterkeit – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit uns?)

Den Zuschauern und Zuhörern darf ich sagen: Ich bin den Parlamentarischen Geschäftsführern dankbar, dass ich erst zum Schluss an der Reihe bin. Das hat bei uns mit aufsteigender Reihe zu tun.

(Heiterkeit)

Um all das, was wir eben an guten Absichten im Auswärtigen Amt gehört haben, zu finanzieren, also für das schnöde Geld, sind die Haushälter zuständig, die nicht heute den Hauptpart spielen, sondern erst bei der Verabschiedung des Haushaltes.

Meine Damen und Herren, der Bundeshaushalt nimmt in diesem Jahr insgesamt gesehen um 20 Milliarden Euro zu, also plus 3,7 Prozent. Der Haushalt des Außenministers nimmt um 200 Millionen Euro ab, also minus 4,3 Prozent. Gott sei Dank, möchte ich da sagen.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)

– Lieber Herr Dr. Lindner, im Gegensatz zu Ihnen habe ich die Zahlen richtig gelesen.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch!)

Man muss da eben genau hinschauen. – Es ist schon gesagt worden: Das Minus bei Ihrem Haushalt, sehr geehrter Herr Außenminister, kommt dadurch zustande, dass wir im Jahr 2017  300 Millionen Euro weniger an die Vereinten Nationen bezahlen müssen. Wenn Sie gerade eben gut zugehört haben, dann wissen Sie, dass wir dennoch nur 200 Millionen Euro weniger in der Kasse haben. Damit bleiben 100 Millionen Euro zusätzlich für das operative Geschäft übrig.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und warum sinken dann die Mittel für die humanitäre Hilfe?)

Es ist gar nicht so verkehrt, dass wir für die verschiedenen Aufgaben, die benannt worden sind und die ich noch ansprechen werde, tatsächlich mehr Geld zur Verfügung haben. Damit werden wir verantwortlich umgehen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, vor einem Jahr haben Sie hier an dieser Stelle gesagt: „Die Welt ist aus den Fugen ...“ – Ihnen hat niemand widersprochen, weil es eine richtige Aussage war. Heute könnte man sie in der Tat wiederholen oder sie vielleicht sogar noch verstärken und bekräftigen.

Sehen wir uns die Situationen in der Welt an – sie sind hier teilweise angesprochen worden –: Der Syrien-Konflikt ist bereits im sechsten Jahr, und ein Ende ist augenblicklich noch gar nicht absehbar. Ich erinnere nur an die schlimme Situation in Aleppo und anderswo. Ich möchte das nicht zu weit ausführen.

Ein anderes Beispiel ist die Situation direkt vor unserer Haustür mit dem Putsch in der Türkei und den anschließenden Säuberungen und Strafaktionen von Erdogan. Ich danke dem Kollegen Norbert Röttgen, dass er darauf so intensiv und fundiert eingegangen ist. Wenn man sich so vieler offensichtlich tüchtiger Leute entledigt, bedeutet das auch eine Schwächung der Türkei im Inneren. Das Ganze bedeutet auch eine Entfernung von Europa. Das ist ein Punkt, den ich in dieser Klarheit so noch nicht richtig gehört habe, der aber durchaus stimmt. Ich danke dir, lieber Norbert Röttgen, dass du das gesagt hast.

In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass die CDU seit 1966, also seit 50 Jahren, keinen Außenminister mehr gestellt hat.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CSU auch nicht! Das ist gut so!)

Das ist schon erwähnenswert. Nicht dass sich unsere Außenpolitik nicht trotzdem gut weiterentwickelt hätte, aber Sie haben gesehen, lieber Herr Steinmeier: Auch wir haben gute Leute in der Reserve, wenn das einmal notwendig sein sollte.

(Heiterkeit – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gott bewahre!)

Wir haben die Konflikte nicht umfassend beschrieben. Die Türkei habe ich genannt. Ägypten, Libyen und andere sind kursorisch angesprochen worden.

Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ist natürlich sehr schmerzhaft für uns, insbesondere weil die Abkommen von Minsk nicht umgesetzt worden sind, sodass wir dort eher einen labilen als einen stabilen Frieden oder eine Waffenruhe sehen. Russland ist offensichtlich nicht bereit, das Territorialprinzip anzuerkennen, dass Grenzen nur friedlich verändert werden dürfen, nicht aber mit Gewalt.

Meine Damen und Herren, bei uns in Deutschland, bei uns in Europa, in der zivilisierten Welt, gilt das Recht. Es gilt nicht das Recht des Stärkeren, sondern es gilt das Recht. Das ist bei manchen noch nicht so angekommen, bei Russland in diesem Fall nicht.

In all diesen Krisen sind wir irgendwie mitbeteiligt. Die Bundeskanzlerin hatte recht, als sie gesagt hat: Aus allem können wir uns nicht heraushalten; das geht nicht.

Ich habe die Situation in der Ukraine angesprochen. Es muss auch bedacht werden, dass diese Krisen auch immer innenpolitische Auswirkungen haben. Keine Krise bleibt ohne innenpolitische Folgen. Bedenken wir, wie es wäre, wenn Russland seinen Expansionsdrang in der Ostukraine fortführen würde, und ob wir dann nicht mit Hunderttausenden von Flüchtlingen zu rechnen hätten, die über Polen nach Deutschland kämen. Wie würden wir dastehen, wenn es dazu kommen würde?

Aus diesem Grunde ist es natürlich richtig und wichtig gewesen, dass auf dem Warschauer NATO-Gipfel vor wenigen Wochen in der Tat weise Entscheidungen getroffen worden sind, sehr geehrter Herr Außenminister, nämlich erstens die Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses unter Beweis zu stellen und zweitens den Dialog anzumahnen und ihn zu führen. Ich finde das vernünftig. Das gilt auch insbesondere dafür, dass wir den Polen, Balten, Esten, Litauern und Letten zugesagt haben, dass dort als sichtbares Zeichen unserer Verteidigungsbereitschaft vier Bataillone stationiert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Außenminister spricht häufig von Abrüstungsinitiativen, die durchaus angebracht wären. In der Tat: Wir unterstützen das. Damit sprechen Sie uns aus dem Herzen. Aber ich meine fast, wir müssten sagen: Es besteht gerade in den Beziehungen zur Ukraine und zu Russland keine Äquidistanz. Unsere Sympathie ist auf der Seite der Ukraine, und wir sollten unseren russischen Freunden sagen, dass es so nicht geht.

Ein anderer Punkt ist, dass das Verhältnis zwischen der Ukraine und Russland eigentlich auf der Ebene der OSZE angesprochen werden müsste.

(Zuruf von der SPD: Das macht der Seehofer bestimmt!)

Ich hätte mir gedacht, dass wir in diesem Jahr hier weiterkommen. Wir haben zwar in diesem Jahr den Vorsitz, Herr Außenminister, aber die Konferenz, die Sie vor wenigen Tagen in Potsdam abgehalten haben, war von keinem so großen Erfolg gekrönt, wie ich mir das eigentlich gewünscht hätte. Der russische Außenminister Lawrow war nicht da, und auch der ukrainische Außenminister war nicht da

(Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister: Doch! Er war da!)

– zum Bankett, ja –, um diesen Gesprächsfaden aufzunehmen, von dem ich mir erhofft hatte, dass er zu einem Dialog in der Sache geführt hätte.

Als Haushälter muss ich noch einen Punkt ansprechen. Die Gipfel und die Aufgaben im Rahmen der Vorsitze, die wir pflegen, kosten in der Tat alle Geld. Der OSZE-Vorsitz kostet ungefähr 20 Millionen Euro, der G-7-Gipfel im letzten Jahr im bayerischen Elmau hat 6 Millionen Euro gekostet. Der G-20-Vorsitz im nächsten Jahr wird 50 Millionen Euro kosten. Das wäre negativ ausgedrückt. Aber man kann Geld auch schlechter ausgeben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Bundesministers Dr. Frank-Walter Steinmeier)

Aber wenn das zu Gesprächen, zu Verbindungen und zur Gesprächsbereitschaft führt, dann meine ich, dass dieses Geld gut angelegt ist.

Die humanitäre Hilfe ist schon mehrfach angesprochen worden. Im Jahr 2013 – um drei Jahre zurückzublicken – haben wir für humanitäre Hilfe 335 Millionen Euro ausgegeben. In diesem Jahr, drei Jahre später, geben wir 1,133 Milliarden Euro, also das Dreifache, dafür aus. Dass ein intelligenter Mensch wie Sie, Herr Lindner, dann sagt, dass wir hier in unseren Aufgaben zurückstehen würden, kann ich nicht nachvollziehen.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich erkläre es Ihnen noch mal!)

Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben die Ausgaben um das Dreifache erhöht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Im letzten Jahr – um auch das noch einmal für diejenigen zu sagen, die die Haushaltspläne nicht ganz so intensiv lesen – waren es 733 Millionen Euro. In diesem Haushalt, dem Haushalt für 2017, sind es 730 Millionen Euro. Das ist in etwa der gleiche Betrag. Durch die Ergebnisse der Londoner Geberkonferenz haben wir 400 Millionen Euro zusätzlich erhalten. Wir werden, damit wir unsere Aufgaben erfüllen können, auch bei den nächsten Versammlungen der UN – zum Beispiel des Weltsicherheitsrats – darauf drängen, dass die entsprechenden Summen wieder zugesagt werden.

Ich glaube, wir sind uns einig, meine Damen und Herren, dass wir im nächsten Jahr nicht hinter den Betrag von 2016 zurückfallen können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! Nichts anderes habe ich gesagt!)

Das werden wir in den anstehenden Veranstaltungen und den anschließenden Gesprächen auch so postulieren und durchsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist schon viel getan, wenn man Erfahrungen sammelt. Und Erfahrungen sammeln heißt, dass man fahren muss. Ich war mit Frau Barnett von der SPD in Saatari in Jordanien und habe mir das riesengroße Flüchtlingslager angeschaut. Wir haben diese unübersehbare Flüchtlingsstätte in der Bekaa-Ebene gesehen. Das Herz tut einem weh, wenn man sieht, dass so etwas in einer humanitären Gesellschaft geschieht. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit unseren Mitteln die humanitäre Lage dort verbessern können.

Ich habe – lieber Herr Vizepräsident, um zum letzten Schachtelsatz zu kommen –

(Heiterkeit)

eine Bitte, dass wir nämlich im nächsten Jahr in würdiger Weise ein Gedenken feiern, nämlich den Abschluss der Römischen Verträge von 1957. Es ist 60 Jahre her, dass wir uns auf den Weg gemacht haben, Europa mit deutscher Hilfe als einen friedlichen und freiheitlichen Kontinent zu gestalten.

Deutschland hat mit am meisten von dieser EU profitiert. Wir sind die wirtschaftliche Führungsnation in Europa. Das ist in der Tat auch eine Herausforderung für uns, um aus dieser Position heraus mit für Frieden und Freiheit in Europa und Humanität in der Welt zu sorgen. Dies, lieber Herr Außenminister, ist unsere besondere Aufgabe. Der Haushaltsausschuss wird Sie in der Tat mit unterstützen, wenn es darum geht, ein, wie Sie es neulich geschrieben haben, waches Bewusstsein in der Welt zu haben. Sie haben uns an Ihrer Seite. Wir werden das mit unseren haushalterischen Beschlüssen in der Tat unterstützen.

Ich bedanke mich herzlich für die Nachsicht, Herr Präsident.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Johannes Singhammer:

Da die Haushälter die großen Realisten sind, wissen Sie, dass zwei Dinge begrenzt sind: die Finanzen und die Redezeit.

Rede am 07.09.2016 als Video

Die Rede von MdB Alois Karl ist als Video zu sehen unter:

https://dbtg.tv/fvid/6999339